Piraterie

Mit der Aufdeckung der Geschäftsbeziehungen von AdBlock Plus durch Sascha Pallenberg bei Mobilegeeks.de ist die Diskussion um AdBlocker wieder aufgeflammt. Und ausnahmsweise sind es nicht nur Verlage, sondern auch die “normalen” Blogger, die sich dazu zu Wort melden. Die einen finden es nicht überraschend, dass man sich auf die Whitelist kaufen konnte, die anderen finden AdBlocker seien eh nur eine Folge der “Kostenlosmentalität” im Internet.

Werbung und Piraterie

AdBlock Plus und Pirating haben jetzt aber wenig miteinander zu tun, oder? Naja, nicht so. Erstens sind die Seiten aller Filesharing Hoster vollgepackt mit Werbung. Flashwerbung, Popups, Videos, GIFs, alles. zum anderen wird aber auch Pirating als folge der “alles ist gratis” Mentalität genannt. Im Unterschied zu geblockter Werbung, ist der Protest gegen “gestohlene” (Diebstahl ist da eindeutig der falsche Begriff, geneauere Erläuterung hier auf Englisch) konstant. Die Industrie wehrt sich immer wieder, regelmässig werden Portale geschlossen, Leute fliehen in andere Länder und mindestens zwei neue Portale schiessen als alternative aus dem Boden. Gegen AdBlocker kann man nicht so viel tun. Man kann die Benutzer darum bitten, den Blocker zu deaktivieren, aber das ist dann auch wieder Werbung, oder verscheucht die Besucher eher. Genauso wie riesige “Like uns auf Facebook” Popups von grösseren Newsseiten.

Dass Musik- und Softwarepiraterie sowie AdBlocker davon kommen, dass der Kunde heute erwartet, das alles gratis ist stimmt. Jedenfalls aus der Sicht des Anbieters. Ich möchte, als erst kürzlich volljährig gewordener nicht-Verdiener mich dazu mal äussern. Denn gerade die Generation spielt in dieser Diskussion eine grosse Rolle. Ich bin in einem Zeitalter aufgewachsen, in dem man schon ab dem Kindergarten Computerspiele spielte. Später durfte ich eine halbe Stunde pro Tag an den Computer. Was ich tat war mir überlassen. Ob ich eine halbe Stunde lang Peterson und Findus spielte, oder meine ersten Schritte im weiten Web machte, war egal.

In der Oberstufe begann ich mich dann vermehrt für Filme und Musik zu interessieren. Als Schüler mit limitiertem Budget sind Filmstreamingseiten wie kino.to natürlich willkommen. Ich gebe offen zu, dass ich einen Teil meiner Musik nicht gekauft habe, sondern auf irgend eine Art und weise aus dem Internet heruntergeladen habe. Nein, nicht mit iTunes. Später, gegen Ende der Oberstufe und im Gymnasium wäre ich bereit gewesen für einen gewissen Teil zu bezahlen. Wobei ich auch heute nie für alle meine Musik bezahlen würde. Wieso? Ich hätte die Dateien nicht gespeichert, wenn ich sie nicht gratis erhalten hätte. Es liegt mir nicht viel an diesen Liedern, aber da sie eh gratis erhältlich sind, kann ich sie ja gerade so gut speichern. Es hat wegen dem Youtube to MP3 Konverter niemand weniger Umsatz gemacht. Ich habe gute Musik wenn immer möglich noch auf CD gekauft.

Das Internet verkauft ab 18

Der wichtige Punkt: ich musste in einen Laden gehen um mir Musik zu kaufen. Bis man 18 ist, hat man im Internet nur wenig Chancen etwas zu Bezahlen. Es gibt drei Varianten, wie man doch bezahlen kann. Die erste sind Paysafe Karten. Werden aber ungefähr nirgends angenommen, ausser bei Steam. Die zweite sind Geschenkgutscheine. Wie zum Beispiel iTunes Geschenkkarten. Wieso haben viele Jugendliche einen iPod? Mit iTunes können sie Musik kaufen, bevor sie 18 sind. Geht sonst nirgends, ausser man hat eine Pre-Paid Kreditkarte. Ich wusste bis vor kurzem noch gar nicht, dass so etwas existiert.

Bezahlen mit Kreditkarte oder PayPal ist standard

In den meisten Onlineshops muss man mit Kreditkarte bezahlen. Oder alternativen Methoden, wie PayPal, welche alle ab 18 sind. Ja, Geburtsdatumsfälschung ist etwas häufiges, aber wenn es um Geld geht, ist man doch etwas vorsichtiger. Man möchte schliesslich kein Geld verlieren, weil einem das Konto gesperrt wird. Klar, man kann seine Eltern fragen, ob man etwas über ihren PayPal Account bezahlen kann. Aber ich habe mich immer etwas geschämt dafür. Ein Mal pro Monat war gerade so OK.

So kommt es auch, dass ich gerne bei der Digitec und bei Steam einkaufe. Ich kann dort seit ich ein Jugendkonto bei der Postfinance habe bezahlen. Selbständig. Und das ist das Problem am Internet. Bezahlschranken funktionieren nicht, weil mindestens ein Teil der Konsumenten gar nicht bezahlen kann. Nicht nur Jugendliche haben keine Kreditkarte. Auch erwachsene Menschen wollen oder dürfen keine haben. Wer etwas gut verkaufen will, der muss zusehen, dass alle bezahlen können. Und mit alle meine ich auch ein 15 Jähriger.

DRM verschlimmert Piraterie

Ein anderes wichtiges Thema rund um Piraterie ist DRM. Digital Rights Management (Digitales Rechteverwaltungssystem) sollte verhindern, dass man etwas unautorisiert, also ohne es zu kaufen nutzen kann. DRM von nicht interaktiven Medien kann gar nicht funktionieren. Was man abspielen kann, kann man auch aufnehmen. Die Schutzmassnahmen von interaktiven Medien, namentlich Spielen sind meist nur nervig. Ein weiterer Faktor für Piraterie. Always-on-DRM ist die wohl unsinnigste Form von DRM. Der Kunde kann sein Produkt nicht nutzen, wenn der Service gerade mal schnell nicht geht. Oder wenn sein Internet Probleme hat, oder auch einfach nur das DRM-System schlecht aufgebaut ist. Darin resultieren wütende Kunden. Und wütende Kunden geben einem nicht gerne Geld. Doch das Internet hat Abhilfe. So genannte Cracks erlauben dem (etwas) versierten PC-Nutzer einfach an Viren oder ein DRM-freies Spiel oder Programm zu kommen. Richtig: ein gecracktes Programm wurde eventuell sogar legal erworben. Aber weil es einfach bequemer ist, eine gecrackte Version zu nutzen, hat der Kunde sich entschieden, das Programm zu cracken.

No DRM stops piracy – TotalBiscuit

TotalBiscuit spielt darauf an, dass DRM Piraterie sogar noch verstärkt, weil die Nutzung des Produkts mit DRM umständlicher wird. Als Origin von EA erschien, haben viele Gamer sich entschieden, ihre Spiele zu cracken, so dass sie die Katastrophe Origin nicht benutzen mussten. Als dann noch herauskam, dass Origin einen Keylogger eingebaut hatte, crackte auch der hinterste und letzte sein Battlefield 3.

Neue Geschäftsmodelle sind gefragt

Ich persönlich finde Werbung und DRM nicht die Lösung. Wie schon erwähnt, müssen Bezahlangebot besser zugänglich gemacht werden.

Stellt euch vor ihr müsstet um ein Video auf YouTube zu schauen zuerst bezahlen. Unvorstellbar, und nur dank Werbung nicht der Fall. Aber Werbung ist nicht die Lösung. Werbung ist bestenfalls eine Übergangslösung, um ein Einkommen zu haben, so lange es keine besseren Geschäftsmodelle gibt. Einige YouTuber versuchen von Fan-Artikeln zu leben. Was aber nicht in weniger Werbung resultiert, sondern anderer. Sie bauen Eigenwerbung in ihre Videos ein. Nur fällt diese Art von Werbung viel weniger auf, ja sie wird von der Community sogar akzeptiert! Fan-Artikel verkauf ist aber ein Geschäft, das nur läuft, wenn man grosse ältere Demografien hat, die auch im Internet bezahlen können.

Ich habe persönlich noch keine Lösung. Vielleicht finde ich auch nie eine. Aber irgendjemand wird mal eine finden. Sicher.

Seit ich 18 bin bezahle ich übrigens wo ich kann. Ich hatte mit 17 begonnen eine Liste zu schreiben, mit Dingen, die ich mir sofort kaufen muss, sobald ich PayPal habe. Ich bin aktiv auf Flattr und unterstütze so Inhalte die mir wichtig sind. Und zu guter Letzt leiste ich schon seit längerem Gratisarbeit als Entwickler bei Nightingale, aber auch privaten Projekten wie meine Justin.tv Stream Notifications Erweiterung.

(Foto von Tobias Vemmenby)

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