Stress

Ich verstehe nicht, wieso viele Leute immer auf den Zug stressen. Klar. Termine und so. Aber die könnte man stressfrei planen. Ich renne – wenigstens auf dem nach Hause Weg – nie auf einen Zug. Ich nehme mir die Zeit, um auf den nächsten Zug zu warten. Ich schätze diese Pause. Meist denke ich nach. Über meine Projekte, den Schulstoff oder die Welt. Meist stehe ich zum Warten in Bern auf einem Perron. Einem düsteren, kühlen Perron. Die meisten Menschen sehe ich nur kurz. Sie rennen auf den Zug und hatten noch Glück. Andere schaffen es nicht mehr, heben ihre Arme kurz an und gehen dann zurück in die Menge. Die gestresste Menge in der Unterführung. So bin ich wieder allein, auf dem düsteren, kühlen Perron.
Meist denke ich nach. Ich denke über hypothetische Texte nach. Die meisten habe ich, bis der Zug kommt, wieder vergessen. Obwohl ich bis zur Perfektion an ihnen feilte. Andere überleben bis nach Hause, wo sie als leeren Entwurf mit Überschrift enden. Manche enthalten noch Stichworte der Kerngedanken. Mehr blieb von 20 Minuten warten nicht übrig. Die wenigsten werden komplett niedergeschrieben, so wie dieser.
Inzwischen sitze ich im Zug und habe den perfekten Schluss vergessen. Deshalb stresse ich nie auf den Zug. Sonst hätte es den perfekten Schluss nie gegeben. Und ich müsste mich jetzt quälen, um wenigstens einen guten Schluss zu schreiben. Ich schätze das stressfreie Warten.